Zu Papier gebrachte Audioaufzeichnung vom 12.02.1930 mit:

Dr. Eduard Hamm (16.10.1879 - 23.09.1944)
Fritz Elsas (11.07.1890 - 04.01.1945)
Thema: Kommunal- und privatwirtschaftliche Dinge in Deutschland

Audiomaterial ist Eigentum vom
„DRA – Deutsches Rundfunkarchiv“

Eduard Hamms Stimme

Der Mutter Eduard Hamms, Louise Hamm, geb. Niederleuthner verdanken wir es, dass ein Tonbandfragment mit der Stimme Eduard Hamms und der Stimme seines Freundes Fritz Elsas aus dem Jahr 1930 wiedergefunden werden konnte. In der Familienchronik Louise Hamms heißt es:

„Ein Beweis von Aufmerksamkeit war, daß mir Freu Oberin am 12. Februar (1930) den Lautsprecher in mein feines Zimmer bringen ließ. Welch schöner Zufall, da gerade an diesem Tage mein lieber Sohn Edi ein Wahlfolgegespräch über Wirtschaftsfragen mit einem Herrn Elsas in Berlin führte. Die Übertragung war so deutlich als ob ich die mir liebe Stimme im gleichen Zimmer hörte. Der 12. Februar ist zudem der wichtigste Tag in meiner Erinnerung an meinen geliebten Lebensgefährten.“

(Am 12. Februar 1877 lernte Louise Niederleuthner den damaligen Stadtgerichtsassessor J. B. Hamm in Passau auf einem Ball kennen. Damit beginnt auch ihre Chronik.)


Wir verö
ffentlichen den Hinweis auf das Tonband und die Stimmen. Die kaum lesbare Schrift ist bedingt durch die Augenoperation in einer Münchener Klinik. Die Seite ist mit stark verminderter Sehkraft geschrieben. Nach Entzifferung erkannten wir die Bedeutung und fanden am 10. Mai 2019 das Tonbandfragment. Fritz Elsas war 1930 Vizepräsident des Deutschen und des Preußischen Städtetags. (Siehe dazu auch in unserem Band I., Teil 1 Biografie unter Jahreszahl 1999 die Bemerkung von Elsas zur beiderseitigen Freundschaft.)

Dr. Eduard Hamm: … der öffentlichen Wirtschaftswende, so handele es sich dabei um etwas, was man vielleicht wirklich mit einem Wort bezeichnen könnte, was an anderer Stelle zu Unrecht gebraucht wird, vielleicht mit dem Wort „Dreh-Annexion“, der Wiedergewinnung von Fähigkeitsgebieten, die früher bei der privaten Wirtschaft gewesen sind.“

Fritz Elsas: „Ich glaube, Sie recht zu verstehen, verehrter Herr Hamm, wenn ich meine, dass diese Ausführungen all den Resten kriegswirtschaftlicher und nachkriegswirtschaftlicher Betätigung der Gemeinden gelten, um die eben heute nun der Streit in erster Linie geht.

Dr. Eduard Hamm: „Vorzugsweise, aber nicht nur. Sie müssen dabei auch noch aus einem anderen Grund hinweisen, der die Problematik dieser Sache bedingt. Das ist doch eine gewisse Veränderung der geistigen Einstellung. Sie wissen, auch früher – und Sie haben es ja eben stark betont – auch früher gab es gemeindliche Wirtschaft. Aber es war kein grundsätzlicher Gegensatz zwischen Privatwirtschaft und der Gesellschaftswirtschaft. Es war eine reine Zweckmäßigkeitsfrage. Heute liegen die Dinge zum Teil anders. Es gibt Kreise, die in der Kommunalisierung etwas sehen, wie den Weg zu einer höheren Ebene der Wirtschaftsbetätigung überhaupt. Diese Bewegung ist vorhanden. Wie man über sie denken mag, das ist eine andere Frage, aber...“ [wird unterbrochen]

Fritz Elsas: „Das will ich gar nicht bestreiten, verehrter Herr Hamm, dass es solche Kreise gibt. Aber wenn ich nun einmal alle mehr politischen Überlegungen ausschalte, und nur die kommunalpolitische Seite bei unserer Erörterung voranstelle, so glaube ich, können wir uns doch darüber verständigen, dass die Gemeinden nicht um eines Prinzips willen ihre wirtschaftliche Betätigung anstreben...

Dr. Eduard Hamm: „Anstreben sollen.“

Fritz Elsas: „Nein, auch anstreben. Ich habe dafür ein besonders markantes Beispiel, an das gerade jetzt wieder zu erinnern mir besonders wichtig ist. Verehrter Herr Hamm, Sie erinnern sich an das Jahr 1920.“

Dr. Eduard Hamm: „Ja.“

Fritz Elsas: „Im Jahre 1920, wo die politische Sozialisierungsbewegung in Deutschland wohl ihren Höhepunkt erreicht hatte, da hat es sich drum gehandelt, ob man den Gemeinden ein Kommunalisierungsgesetz geben soll.

Dr. Eduard Hamm: „Ja.“

Fritz Elsas: „Das heißt, ein Gesetz, das sie rechtlich instandsetzen sollte, Aufgaben, die für die Vergesellschaftung...

Dr. Eduard Hamm: „Ja.“

Fritz Elsas: „... in der örtlichen Instanz reif waren zu übernehmen. Und nun darf ich Sie, Herr Hamm, doch daran erinnern, dass sich die Gemeinden damals gegen ein solches Gesetz sehr nachdrücklich gewehrt haben.“

Dr. Eduard Hamm: „Herr Elsas, das war ein Akt der Klugheit und der Selbstbeschränkung gegenüber Aufgaben, die vielleicht doch von der ganz großen Mehrzahl nicht zu erfüllen gewesen wären. Aber immerhin. Sie werden mir zugeben, gewisse Bewegungen in der Richtung, von der ich sprach, sind vorhanden. Daher werden Sie auch verstehen, dass eine gewisse Wachsamkeit vorhanden ist, und mehr als das: Diese Wachsamkeit hat ja auch in tatkräftigen Erweiterungserscheinungen und Tatbeständen ihren Grund.“

Fritz Elsas [unterbricht]: „Ich habe dafür vollstes Verständnis, ...

Dr. Eduard Hamm: „Ja“

Fritz Elsas: „... und ich begrüße auch, dass diese Wachsamkeit dem öffentlichen Leben gegenüber besteht. Allem öffentlichen Leben. Denn darin liegt ja die stärkste Kontrolle des öffentlichen Lebens, dass auch die Kritik der Allgemeinheit hier sehr stark und sehr freimütig und eigentlich auch ...“

Dr. Eduard Hamm: [unterbricht] „Ja.“

Fritz Elsas: „… auch sofort im Entstehen...“

Dr. Eduard Hamm: „Ja.“

Fritz Elsas: „... von irgendwelchen Problemen einsetzt.“

Dr. Eduard Hamm: „Ja. Sie wissen ja, daneben auch, dass der Staat gewisse Tendenzen, Steuerbegünstigungen und ähnliche Dinge fördert, also, jedenfalls liegt hier ein Anlass vor für diejenigen, die in der privaten Wirtschaft stehen, auf der Hut zu sein, namentlich da, wo Betriebe der Gemeinden auf unmittelbare Konkurrenzierung des Privatbetriebes hinauslaufen“.

Fritz Elsas: „Ja, das wäre nun natürlich sehr wichtig, Herr Hamm, wenn wir einmal an diesem Punkt noch einen Augenblick stehen bleiben könnten, von nun an mal feststellen könnten, wo denn nun etwa aus einer grundsätzlichen Einstellung heraus eine solche Konkurrenzierung der privaten Unternehmungen vorliegt.“

Dr. Eduard Hamm: „Wenn wir einmal... Ja, Sie legen da Nachdruck auf die grundsätzliche Einstellung heraus.“

Fritz Elsass: „Ja, natürlich, das ist auch sehr wichtig.“

Dr. Eduard Hamm: „...für 60-70.000 deutsche Gemeinden, die grundsätzlich nicht... usw. usw. ...“

Fritz Elsass: „Nein, natürlich nicht...“

Dr. Eduard Hamm: "Aber wenn wir einmal uns dem gegenwärtigen Zustand zuwenden, so werden wir doch gerade bei den Betrieben, von denen Sie vorhin sprachen, die aus der Kriegs- und aus der Nachkriegswirtschaft übrig geblieben sind ...“

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